Christian Mathenia
Geduldiger Optimist
Christian Mathenia musste sich oft als Nummer zwei hintenanstellen, am Ende spielte er immer – weil er nicht aufgibt und immer eine Chance sieht.
Christians Eltern merkten wohl früh, dass ihr Sohn süchtig nach Fußball ist. „Ich hatte schon im Kindesalter einen Torwarttrainer und habe geweint, wenn das Training ausgefallen ist“, sagt der gebürtige Mainzer rückblickend. Er hatte die Idole schließlich vor der Haustür und wohnte gegenüber des alten Mainzer Bruchwegstadions. Weil er es nicht direkt zu Mainz 05 schaffte, wechselte er zu Hassia Bingen: „Da habe ich die Chance gesehen, entdeckt zu werden.“
Ein knallharter Kerl
Sein in der Jugend entwickelter Ehrgeiz zeigte sich auch später noch in fast beängstigender Art und Weise: Zu Darmstädter Zeiten spielte er einmal mit einem Mittelhandbruch zu Ende, in Nürnberg war er nach einem Zusammenprall bewusstlos, blutete an der Zunge und blieb trotzdem bis zum Schluss auf dem Feld: „Hauptsache, wir haben einen Punkt geholt.“
Mit 14 wird er für seinen Umweg über Bingen belohnt und darf in die Mainzer Jugend, die er dann bis zu den Profis durchläuft. Es ist nicht das erste Mal, dass sich Christians Beharrlichkeit und sein Optimismus auszahlt. Die Eigenschaften werden ihn neben harter Arbeit und der Unterstützung seiner Eltern durch die Karriere tragen. Sein Vater schlief von der U15 bis zur U17 gar im Auto, wenn Christian trainierte: „Er hat mich zum Training gefahren und da er LKW-Fahrer ist und Spätschicht hatte, musste er immer im Auto schlafen.“
Noch als Regionalliga-Torwart der Mainzer Reserve schnupperte Christian erstmals Bundesliga-Luft. Ein Einsatz blieb ihm aber verwehrt. Also wechselte er zu Darmstadt 98 und, obwohl er den Ex-Mainzer Christian Wetklo vermeintlich vor sich hatte, wurde Mathenia die Nummer eins, machte alle Spiele und stieg mit Darmstadt als bester Zweitligakeeper überraschend auf. Auch im ersten Bundesliga-Jahr hielt er stark und hatte großen Anteil am Klassenerhalt.
#Maschinia2024
Als klassischer Torwart wird er manchmal bezeichnet, er ist stark auf der Linie und im Eins-gegen-Eins, hat starke Reflexe und Reaktionen wie einst sein Vorbild Oliver Kahn. Lange galt er als ruhig, doch vor allem im Nürnberger Abstiegsjahr übernahm er Verantwortung und wurde öfters laut in der Kabine – sicher durch seine guten Leistungen auch mit viel Selbstvertrauen ausgestattet: „Man reift mit der Karriere, die letzten vier Jahre war ich nur im letzten Drittel der Bundesliga, ich kenne die Situation.“
Nach den zwei Jahren in Darmstadt wechselte Christian nämlich zum Hamburger SV, bei dem er in der ersten Saison hinter dem oft verletzten René Adler viele Einsatzzeiten bekam und in der Folgesaison einen packenden Zweikampf mit U21-Europameister Julian Pollersbeck lieferte. Nach dem HSV-Abstieg folgte der Wechsel zum 1. FC Nürnberg und Christian war wieder zuerst als Nummer zwei eingeplant. Doch obwohl der Club auch absteigen musste, war es ab dem achten Spieltag seinen Paraden zu verdanken, dass der Kampf um den Klassenerhalt für die Nürnberger so lange offengeblieben war.
Angebote gab es danach zuhauf, doch Christian, der nun auch erstmals Vater wurde, entschied sich für einen Verbleib in Nürnberg – nicht nur weil sein Kind im Club-Kreißsaal zur Welt kam. Er mag Traditionsvereine, ein emotionales Umfeld pusht ihn. „Wir sind sicher, dass Christian die Klasse hat, eine Ära zu prägen“, sagte Sportvorstand Robert Palikuca – so groß war die Identifikation mit dem neuen Fanliebling nach nur einer Saison.
#Maschinia2024 titelte der Verein damals auf seinen Social-Media-Kanälen, überhaupt fanden die Medien schon viele Beschreibungen für ihn: Er wirke wie ein „großer, kräftiger Magnet“, sei der „Turm in der Abwehrschlacht“ und oft in seiner Karriere die „zweite Geige“ gewesen – aber mit „druckvollem Crescendo“.
Christians ruhige Art, immer an das Positive zu glauben, belohnte ihn immer und ließ ihn vor allem im Kampf um den Klassenerhalt überragend halten: „Vielleicht liegt es auch an meinem Naturell, dass ich unter Druck aufblühe.“