Die Zukunft des Torwartspiels
13. November 2019
Michael Rechner ist Torwarttrainer der TSG 1899 Hoffenheim und Gründer von Goalkeeping Development, einem umfangreichen Trainingsprogramm für moderne Torhüter. Im ersten Teil unseres Interviews verrät er, woher er die Inspiration für sein Torwarttraining nimmt, was es mit Goalkeeping Development auf sich hat und welchen Einfluss die Wahl des Handschuhs auf die eigene Performance haben kann.
Hi Michael, direkt zuerst: Was und wer ist Goalkeeping Development?
Goalkeeping Development ist mein Projekt und meine Herzensangelegenheit. Es ist nicht nur eine Software, die mir selbst tagtäglich bei der Arbeit als Torwarttrainer der TSG Hoffenheim hilft, sondern eine Unterstützung und Inspiration für alle Torwarttrainer und Torhüter!
Durch höchste Qualität und modernste Technologien wollen wir das Torwarttraining und Torwartspiel optimieren, indem die Software neben einem stetig wachsenden Pool an Übungsvideos – aktuell mehr als 180 – , verschiedenste Tools zur Trainingsplanung, Spielvorbereitung, Trainings- und Spielanalyse bietet.
Du bist der Gründer von Goalkeeping Development. Was qualifiziert Dich als Torwartexperten?
Ich habe selbst sehr lange aktiv als Torwart gespielt, fünf Jahre davon als Profi, unter anderem in der 1. Bundesliga beim HSV in Hamburg und auch in der 2. Bundesliga bei Waldhof Mannheim. Ich habe drei Juniorenländerspiele für Deutschland in der U18 bestritten und habe mich dann im Alter von 24 Jahren relativ früh dazu entschieden, stattdessen ein Studium aufzunehmen.
Ich habe in Heidelberg Sportwissenschaften studiert und meine Abschlussarbeit über das Thema „Das Anforderungsprofil und die Trainingsmethodik des Fußballtorwarts“ geschrieben. Nach meinem Abschluss bin ich direkt zur TSG Hoffenheim gegangen und seit 2008, also mittlerweile seit über elf Jahren, als Torwarttrainer und Koordinator angestellt. Im Laufe der Jahre habe ich alle Lizenzen im Torwarttrainerbereich erworben und besitze die höchste Lizenz, die UEFA Torwarttrainer A-Lizenz. Zusätzlich habe ich noch die Trainer A-Lizenz im Feldspielerbereich absolviert.
Wann war der Moment gekommen, in dem Du dachtest: „Wir müssen das Torwartspiel technologisch revolutionieren“?
Das Torwartspiel zu revolutionieren, war nie der ursprüngliche Gedanke. Der eigentliche Ursprung war der, dass die TSG Hoffenheim in etwa von 2010 bis 2012 eine Datenbank für den gesamten Verein entwickelt hat. Der Torwartbereich selbst hatte dabei jedoch kaum existiert, was die Trainingsdokumentation, Trainingsplanung und Analyse betrifft, sondern war damals rein auf den Feldspielerbereich ausgerichtet. Ich habe daraufhin mit dem damaligen Sportdirektor der TSG, Bernhard Peters, gesprochen, dass ich gerne eine eigene Plattform speziell für den Torwartbereich entwickeln möchte.
Über ein gemeinschaftliches Projekt mit der Uni Karlsruhe habe ich zunächst eine gemeinsame Datenbank programmieren lassen, die in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt wurde. Zum 01.07.2017 ist dann eine komplett überarbeitete Version der Torwartspiel-Software auf den Markt gegangen.
„Aufmerksamkeit, Ablenkbarkeit, Wahrnehmung und Informationsverarbeitung sind alles verschiedene Themenfelder aus dem kognitiven Bereich, die hervorragend in Trainingsformen platziert werden können.“
Parallel dazu gab es weitere Themen, die in die Entwicklung von Goalkeeping Development mit einbezogen wurden, wie beispielsweise der Bereich des Torwarttrainings für Kinder. Hierzu gab es viele Anfragen und einen großen Nachholbedarf in Deutschland. Extrem viele Kinder wollen begeistert im Nachwuchsbereich die Torhüterposition einnehmen, aber leider gibt es zu wenig ausgebildete Torwarttrainer. Aus diesem Grund haben wir den Bereich der Keeper Academy gegründet.
Eine große Nachfrage besteht ebenfalls im Bereich der Fortbildungen, sodass wir seit 2017 regelmäßig einen Workshop für Torwarttrainer anbieten.
Woher nimmst Du die Inspiration für neue Übungen und Methoden im Torwarttraining oder auch für neue Materialien?
Der Grundgedanke ist immer der, dass ich mir Spielsituationen anschaue, und zwar in erster Linie die eigenen Spiele der Profi-Mannschaft der TSG Hoffenheim. Anhand der Spielsituationen versuche ich entsprechende Trainingsformen zu kreieren. Ich schaue mir ganz konkret die Spielsituationen, Gegentore und die Saves an, und versuche diese Spielsituationen auf den Trainingsplatz zu übertragen, sodass das Torwarttraining so spielnah wie möglich gestaltet wird.
Seine neuen Ideen und Entwicklungen baut Michael Rechner in das Training mit Oli Baumann ein.
Darüber hinaus gibt es viele Möglichkeiten sich inspirieren zu lassen, z.B. von anderen Sportarten. Es gibt immer wieder interessante Ansätze, allen voran im athletischen Bereich, bei denen es sich lohnt Querverknüpfungen zu ziehen und bestimmte Inhalte miteinander zu kombinieren.
Ein großes Thema ist für mich der kognitive Bereich. In jede Übung können kognitive Elemente integriert werden, um die Trainingsformen komplexer zu gestalten. Aufmerksamkeit, Ablenkbarkeit, Wahrnehmung und Informationsverarbeitung sind alles verschiedene Themenfelder aus dem kognitiven Bereich, die hervorragend in Trainingsformen platziert werden können.
Als Trainingsmaterialien greife ich gerne auf Air-Bodys zurück, da diese besonders zum Training im Bereich der Raumverteidigung und in der Torverteidigung als Behinderung genutzt werden können. Zudem arbeite ich gerne mit Abfälschern und Brillen, die die Wahrnehmung einschränken, um die Trainingsformen abwechslungsreicher zu gestalten.
Bei Goalkeeping Develompent habt Ihr schon einiges an Trainingsmaterial und sogar eine Software speziell für das Torwarttraining entwickelt. Was für Produkte befinden sich in Eurem Portfolio und wie laufen die Entwicklung und die Testphase ab?
Unsere Hauptprodukte im Shop sind die Software, alle Angebote die Keeper Academy betreffend, also das Torwarttraining für Kinder und Jugendliche, unser Workshop und einige interessante Trainingsmaterialien, bei denen wir mit verschiedenen Partnern zusammenarbeiten.
„Der Torwarthandschuh ist definitiv das wichtigste Material für den Torwart.“
Die Software wird in Hoffenheim tagtäglich von mir und meinen acht Kollegen im Torwartbereich für die Trainingsplanung, Trainingsdokumentation, Spieldokumentation und Analyse genutzt. So erkennen wir sofort, sobald in der Software Optimierungsbedarf besteht und welche Ideen mit neuen Updates umgesetzt werden könnten. Seit der Markteinführung der Software am 01.07.2017 haben wir zahlreiche Updates durchgeführt, sodass die Software heute bereits einen ganz anderen Stand hat als noch vor zwei Jahren. Dieses entspricht unserem Ziel, die Software stetig zu optimieren und zu verbessern.
Wenn wir gerade bei Equipment sind – Torwarthandschuhe gibt es heute mit optimierten Schäumen für alle Wetterbedingungen und in enganliegenden Schnitten. Inwiefern leistet die Wahl des richtigen Handschuhs einen Beitrag zur Verbesserung des Torwartspiels?
Der Torwarthandschuh ist definitiv das wichtigste Material für den Torwart. Am Ende ist der Handschuh mitentscheidend, ob ein Torwart den Ball halten kann, oder wie er gefaustet oder abgelenkt werden kann. Der Handschuh stellt den ersten Kontakt zum Ball dar und ist daher extrem wichtig für den Torwart! Unterschiedliche Wetterbedingungen, bewässerte Plätze, häufiger Regen und ständig wechselnde Ballmodelle stellen schwierige und ständig wechselnde Bedingungen dar, sodass die Wahl des richtigen Handschuhs definitiv zu einem guten Torwartspiel beiträgt. Auch bei meinen Profi-Torhütern der TSG sehe ich tagtäglich, wie viel Wert jeder auf die beste Qualität bei Handschuhen legt.
In Teil zwei des Interviews erzählt Michael, wie Oli Baumann auf die außergewöhnlichen Trainingsmethoden reagiert, welche torwartspezifischen Daten relevant sind und wie Goalkeeping Development den Nachwuchs fördert.