Oli Baumann: „Die Basis für Erfolg ist immer Spaß“
22. April 2021
Oliver Baumann ist ein Name der sich in der Bundesliga seit einigen Jahren etabliert hat. Der Schlussmann von der TSG Hoffenheim ist nicht nur ein guter Torwart, sondern auch eine Führungsposition im Team. Wir haben Oli in Sinsheim getroffen und mit ihm darüber gesprochen, wie man immer wieder neue Motivation findet, wie ein Profitorwart trainiert und welche drei Tipps er jedem Torwart und Fußballer mitgibt.
Seit über sechs Jahren spielt Oli jetzt bei der TSG Hoffenheim und seit insgesamt knapp elf Jahren im Profifußball. Trotzdem findet er jeden Tag neue Motivation. Er beschreibt sich als „sehr perfektionistischen Menschen“ und diese Eigentschaft hilft ihm immer wieder, alles zu geben. „Ziele, wie kein Gegentor im Training zu bekommen, reizen mich sehr. Es ist jeden Tag mein Ansporn, alles zu geben und ein perfektes Training abzuliefern.“ Trotzdem: auch als Profi ist man nie ein perfekter Spieler und es gibt immer Dinge, an denen man arbeiten kann.
Im Video: Oliver Baumann mit wichtigen Tipps für Torhüter, über seine wichtigste Lektion und zum Einsatz von Daten im Torwartbereich.
„Die besten Trainingsübungen? Die mit den Brillen, die wie Sonnenbrillen aussehen und einem sämtliche Sicht nehmen.“
Es gibt auch für einen Spieler wie Oli Trainingstage und Übungen, die einem Spaß machen, und Einheiten, die weniger Freude bereiten. Das gehört im Leben insgesamt dazu, manchmal muss man Dinge tun, die einem nicht gefallen, aber trotzdem erledigt werden müssen. Zu den Hassübungen gehören bei ihm „Einheiten mit Gewichten auf dem Platz“. Olis Lieblingsübungen sind dagegen ganz einfach „die Basics, mit denen kommt man gut ins Training rein und erhält die nötige Sicherheit“. Letztendlich ist es die Kombination verschiedener Übungen, die ein gutes Torwarttraining auszeichnen. Im Profibereich werden deshalb ständig neue Dinge ausprobiert, um Torhüter zu verbessern.
Auf die Frage, was die wohl verrückteste, aber auch für ihn die effektivste Trainingsübung ist, antwortet die Nummer 1 der Sinsheimer: „Die Brillen, die wie Sonnenbrillen aussehen und einem sämtliche Sicht nehmen. Entweder wie bei Scheuklappen von Pferden oder dass diese anfangen zu flackern, in verschiedensten Variationen.“ Kein Wunder, dass Oli manchmal scheinbar unhaltbare Bälle hält.
Generell sind die Unterschiede zwischen professionellem und Amateurtraining oft gar nicht so groß. Auf der einen Seite sind die Standardübungen, die auch in den unteren Ligen und Jugendmannschaften alltäglich sind. Auf der anderen Seite gibt es im Profibereich viele neuartige und kreative Übungen mit speziellem Trainingsequipment, die aktuell nur sehr selten im Training eingesetzt werden. Diese in das eigene Training einzubauen, ist auch im Amateurbereich umsetzbar und sinnvoll. Sollten eure Torwartkollegen (oder ihr selbst) in Zukunft mit „Sonnenbrillen“ auf dem Platz stehen, müsst ihr euch also nicht wundern. Das ist effektives Torwarttraining!
„Wenn ich danebengreife, führt das zu einem Gegentor. Das ist das harte Los, das wir Torhüter gezogen haben, aber ich liebe es trotzdem.“
Um sich im Training und ganz besonders vor dem Spiel zu fokussieren, sind für Oli die normalen Abläufe sehr wichtig. Ein richtiges Ritual besitzt er nicht, aber einige Dinge helfen ihm oft: „Wenn man müde ist oder der Puls runtergeht, hilft es mir ein bisschen, auf die Bauchmuskulatur zu klopfen oder schneller zu atmen.“
Bei aller Routine und selbst bei tausenden Spielminuten an Erfahrung bleiben gute Torhüter wie Oliver Baumann trotzdem Menschen, Fehler passieren auch ihm. „Angst vor Patzern sollte und darf man nicht haben. Man muss sich bewusst sein, wie gut man ist, aber auch immer demütig bleiben und trotzdem selbstbewusst sein. Wenn du zu locker an die Sache gehst, passieren schnell unnötige Fehler.“
Angst ist immer ein schlechter Begleiter, das gilt auch für Torhüter. Ein gesundes Maß an Druck gehört aber dazu, um seine eigene Top-Leistung abzurufen. Als Torwart kann der kleinste Fehler zu einem Tor und zu einer Niederlage führen. Wenn ein Stürmer eine 100-prozentige Chance nicht verwandelt, ist das meistens nicht so schlimm. Je näher am eigenen Tor, desto schmerzhafter sind die Fehler. „Wenn ich einen Fehlpass spiele, danebengreife oder eine Situation falsch einschätze, führt das oft zu einem Gegentor. Auch ich beneide da manchmal meine Feldspielerkollegen. Das ist das harte Los, das wir Torhüter gezogen haben, aber ich liebe es trotzdem.“
„Aus den Fehlern, die man macht, lernt man. So hart und bitter es oft im ersten Moment ist.“
Heutzutage dreht sich beinahe die gesamte Welt um Daten, auch im Fußball werden Daten gesammelt und ausgewertet, Trainer stehen teilweise mit einem Tablet am Spielfeldrand und coachen live anhand der verfügbaren Informationen. „Natürlich werden auch bei uns Daten ausgewertet, sowohl beim Training als auch beim Spiel. Beim Training wird geschaut, wie anstrengend das Training war, wie viele Dives [schnelle Sprünge in der Nähe des Rasens, d. Red.] man macht und wie schnell man wieder aufgestanden ist. Nach dem Spiel wird geschaut, wie viele Bälle gehalten worden und wie viele Bälle zum Mitspieler gekommen sind, oft in Prozentzahlen.“
Die wichtigste Lektion für Oliver Baumann und sein Torwartspiel steht aber nicht in Zahlen und Daten. Einer seiner Torwarttrainer hat sie ihm mit auf den Weg gegeben: „Aus den Fehlern, die man macht, lernt man. So hart und bitter es oft im ersten Moment ist. Natürlich willst du das als Jungendspieler nicht hören, man macht aber die Erfahrung und es gehört dazu. Als ich dann älter wurde habe ich gemerkt, dass es tatsächlich stimmt.“
Auf die Frage, welche drei Tipps Oli einem jungen und aufstrebenden Torwart mit auf den Weg geben kann antwortet er: „An oberster Stelle sollte immer Spaß stehen, das ist die Basis, um erfolgreich zu sein und um sich weiterzuentwickeln. Mein zweiter Tipp ist Disziplin, viel und hart trainieren, hier gehören auch Kraft- und Stabilisationsübungen dazu. Am Ende heißt es dranbleiben und wiederholen, wiederholen, wiederholen.“