Robert Enke
06. November 2019
Unaufgeregter Torwart und außergewöhnlicher Mensch
Am kommenden Sonntag, den 10. November 2019, jährt sich der Todestag von Robert Enke zum zehnten Mal. Wir denken zurück an einen überragenden Torhüter, einen warmherzigen Menschen und einen zuverlässigen Partner.
Wer jemals die Chance bekam, Robert Enke persönlich kennenzulernen, machte Bekanntschaft mit einem außergewöhnlichen Menschen, einem liebenden Ehemann und fürsorglichen Vater, dessen Lieblingsserie Stromberg war, der auf einem Bauernhof lebte und sich für den Tierschutz engagierte. Einen „Mann, der selbst in den wildesten Abwehrschlachten eine Ruhe wie ein Kapitän auf hoher See ausstrahlte“, wie Mitspieler Florian Fromlowitz es einmal in der Fußballzeitschrift 11Freunde beschrieb.
Flo, wie ihn auch Robert nannte, war in der Saison 2009/10 die Nummer Zwei im Tor von Hannover 96. Ein guter Freund, der zu seiner Nummer Eins aufblickte und von ihr lernte. Noch heute denkt er oft an seinen damaligen Teamkollegen zurück:
„Lieber Robert, meine Gedanken sind bei Dir und Deiner Familie. Uns haben das Leben und der Fußball zusammengeführt. Mit Freude und Stolz blicke ich auf die wundervolle Zeit zurück, in der wir gemeinsam für Hannover 96 auf dem Platz stehen, fliegen und kämpfen durften.“
Vom Stürmer zum Nationalkeeper
Robert Enke wurde am 24. August 1977 in Jena geboren. Da sein Vater 400-Meter-Hürdenläufer und seine Mutter Handballerin war, wuchs er praktisch auf Sportplätzen und in Sporthallen auf. Am Anfang spielte er als Stürmer Fußball, schon mit acht Jahren wechselte er zum FC Carl-Zeiss Jena. Mit 18 Jahren debütierte Robert in der 2. Bundesliga, bei Borussia Mönchengladbach spielte er in der Saison 1998/99 erstmals in Liga eins und auch für die U21-Nationalmannschaft.
Er wechselte zu Benfica Lissabon und entwickelte sich zum Publikumsliebling und Kapitän. Die nächste Station beim FC Barcelona verdiente Robert sich durch seine starken Leistungen in Portugal, bei den Katalanen spielte er aber kaum noch. Fenerbahçe Istanbul lieh ihn aus, doch er löste den Vertrag nach nur einem Spiel auf. Die Fans bewarfen ihn im Anschluss an eine Niederlage mit Gegenständen.
Danach legte Robert eine kurze Pause ein, ließ sich zum spanischen Zweitligisten CD Teneriffa ausleihen. Eine gute Entscheidung, denn sportlich ging es hier wieder aufwärts. Im Sommer 2004 wechselte er zu Hannover 96 in die Bundesliga, 2007 debütierte er in der Nationalmannschaft. Das Sportmagazin Kicker wählte ihn 2006 und 2009 zum Torhüter des Jahres. Robert Enke galt als klarer Nachfolger von Jens Lehmann im DFB-Tor, der bei der EM 2008 sein letztes Turnier spielte.
Loyaler Partner
Seine gesamte Karriere war geprägt von Höhen und Tiefen, von Erfolgen und Rückschlägen. Doch während es ein sportliches Auf und Ab war, blieb Robert im Kern immer der, der er war. Ein überaus freundlicher Sportler, der auch über den Tellerrand des Fußballs schaute, der sich im Kreis der Familie wohlfühlte, der gerne half und der sich für andere einsetzte. Auch in der Zusammenarbeit mit uhlsport, seinem langjährigen Ausrüster für Torwarthandschuhe, blitze seine herzliche Persönlichkeit auf. Andreas Geser, Leiter Sportpromotion bei uhlsport, erinnert sich heute noch gerne zurück an ihn:
„Robert war stets ein loyaler und professioneller Partner, der immer ein offenes Ohr für die anderen hatte. Man konnte sich mit ihm wunderbar über die unterschiedlichsten Dinge unterhalten – vor allem auch über Themen außerhalb des Fußballs, wie z.B. sein Engagement bei PETA. Besonders ein Erlebnis mit ihm ist mir in Erinnerung geblieben, ein Fotoshooting für einen uhlsport Katalog bei eisiger Kälte. Robert war trotz der Temperaturen immer geduldig, setzte alle Anweisungen der Fotografen professionell um und brachte sogar seine eigenen Ideen ein. Danach lud er das gesamte Team wie selbstverständlich zu sich nach Hause auf seinen Bauernhof zum Abendessen ein. Teresa und ein halbes Dutzend Hunde begrüßten uns warmherzig. Diesen Abend und die Offenheit von Robert werde ich nie vergessen. Danke!“
„Gemeinsam das Leben festhalten“
Auf dem Feld spielte Robert unaufgeregt, zeigte starke Reaktionen auf der Linie, er war ein moderner Keeper, ohne daraus eine Show zu machen. Er war ein Rückhalt für seine Mannschaften, doch er selbst sah das nicht immer so: Während seiner ganzen Karriere hatte Enke oft Versagensängste, oft wünschte er sich, nicht spielen zu müssen, wie er in seinem Tagebuch schrieb. Am 10. November 2009 nahm er sich das Leben.
Seine Frau Teresa sagte einmal, es sei ein großes Problem, dass Depression mit Schwäche gleichgesetzt werden würde. Sie trat nach dem Tod vor die Öffentlichkeit, um Gerüchten vorzubeugen, die nach dem Suizid aufgekommen waren. Um über die Krankheit Depression aufzuklären, gründeten der DFB, Hannover 96 und die Deutsche Fußball-Liga die Robert-Enke-Stiftung, deren Vorstandsvorsitzende Teresa Enke wurde und bis heute ist. Außerdem hat die gemeinnützige Organisation die Erforschung und Behandlung von Herzerkrankungen bei Kindern zum Ziel – weil Enkes Tochter Lara daran mit nur zwei Jahren verstorben war. Die Stiftung hilft Betroffenen und Angehörigen der Depression, sich nicht alleine fühlen zu müssen. Roberts Tod hätte verhindert werden können, ist Teresa sicher. Heute werde mehr über die Krankheit gesprochen.
Selbst einen Beitrag leisten
Ron-Robert Zieler, Weltmeister von 2014 und heutiger Enke-Nachfolger im Tor von Hannover 96, ist einer von vielen, die sich für die Arbeit der Stiftung einsetzen: „Leider hatte ich nie das Glück, Robert Enke persönlich kennenlernen zu dürfen. Aber ich weiß, was er für Hannover, den Club und in erster Linie für seine Familie bedeutet hat. Und ich finde es richtig und wichtig, dass wir ihn und sein Schicksal weder vergessen noch verdrängen. Für mich ist es deshalb eine Selbstverständlichkeit, dass ich die Robert-Enke-Stiftung unterstütze. Denn diese leistet einen großen Beitrag dazu, dass Menschen Unterstützung erhalten, die an Depressionen leiden – und dass dieses Thema auch öffentlich die nötige Aufmerksamkeit erhält. Damit sich Tragödien wie der Tod von Robert Enke nicht wiederholen.“
Im Spiel beim 1. FC Heidenheim am kommenden Sonntag wird Ron, in Gedenken an Robert Enke, mit einem Sonderhandschuh im Tor stehen. Die Aktion, die in enger Zusammenarbeit von der Robert-Enke-Stiftung und uhlsport entwickelt wurde, soll weiter auf das Thema Depressionen aufmerksam machen.
Der Handschuh wird in einer limitierten Auflage von 300 Stück verkauft, der gesamte Erlös der Aktion fließt in die Arbeit der Robert-Enke-Stiftung. Das Design ist angelehnt an Roberts letzten uhlsport Handschuh. Auf dem Daumen ist der Spruch „Gemeinsam das Leben festhalten“ zu lesen, auf der Lasche steht „Robert Enke“.
UPDATE
Der Handschuh ist inzwischen ausverkauft. Danke für die überwältigende Unterstützung! Für alle, die die Robert-Enke-Stiftung trotzdem unterstützen möchten, ist das hier möglich.
Mit seinem Tod hinterließ Robert Enke in seiner Familie, bei seinen Freunden und in der gesamten Fußballwelt eine große Lücke. Er war ein außergewöhnlicher Mensch – auf und neben dem Platz. Viele werden sich an den Ausnahmetorwart zurückerinnern, viele an seine Persönlichkeit.